Label für mehr Tierwohl
Die Zustände in den meisten Schlachtbetrieben weltweit sind katastrophal. Am meisten leiden darunter natürlich die Tiere, doch die Haltungsbedinungen haben auch auf die Konsumenten einen enormen Einfluss. Zahlreiche Tierschutzlabel und Siegel können beim Kauf Aufschluss über artgerechte Haltung und Tierwohl geben. BIO zeigt, was hinter den wichtigsten Labeln steht und was beim Kauf der zertifizierten Produkte garantiert wird.
07.07.2020
© tapsen/stock.adobe.com
Ein schlechtes Gewissen beim Fleischgenuss muss nicht sein. Denn erstens ist Fleisch nicht per se ungesund. Und zweitens kann jeder mit seinem Einkauf die Landwirte unterstützen, die ihre Nutztiere gut und artgerecht halten. Das ist natürlich teurer als die preiswerte Ware im Discounter. Aber wer weniger Fleisch isst – was ohnehin gesünder und besser fürs Klima ist – kann sich das leisten. Beim Kauf von tierischen Produkten gilt wie so oft: Qualität vor Quantität. Zahlreiche Siegel geben Aufschluss über die Haltungsbedingungen in den Ställen und können somit als hilfreiche Unterstützung beim Kauf angesehen werden.
Europäisches / deutsches Bio-Siegel:
Damit sich ein Mastbetrieb in Deutschland „bio“ nennen darf, muss er entweder Mitglied bei einem Bioanbauverband werden oder aber die Prüfung durch eine externe Öko-Kontrollstelle bestehen. Dabei wird sichergestellt, dass auf dem Hof angemessene Bedingungen für die Tiere herrschen. Biobetriebe haben generell relativ strenge Richtlinien bezüglich der Tierhaltung. Zu unterscheiden ist aber zwischen den drei großen deutschen Bioanbauverbänden (s.u.) und dem EU-Biosiegel, das teilweise niedrigere Anforderungen stellt. So schreibt etwa das EU-Siegel nicht vor, wie viel Auslauf Milchkühe und Mastrinder haben sollen, sondern lediglich, dass ein Maximum an Weidegang zu gewährleisten ist. Das Biosiegel erlaubt zudem beinahe die doppelte Zahl Legehennen oder Masthühner pro Hektar wie die Bioanbauverbände. Einem ausgewachsenen Schwein stehen mindestens 1,2, einer Kuh 6 Quadratmeter Stallfläche zu. Im Vergleich zur Massentierhaltung ist das zwar ein Fortschritt, reicht jedoch allein noch nicht aus. So sind etwa Kuhtrainer, die Rinder mit Stromstößen in Position bringen, prinzipiell erlaubt. Für Transport und Schlachtung macht das EU-Biosiegel keine speziellen Vorgaben. Ein Schwein mit EU-Biosiegel kann also auch eine Fahrt durch halb Europa hinter sich haben.
Anbauverbände Demeter, Naturland oder Bioland:
Deutlich strenger halten es die Bio-Anbauverbände. Landwirte müssen ihre Tiere wesensgerecht halten – mit ausreichend Platz im Stall, Auslauf und Beschäftigungsangeboten. Präventive Antibiotika-Gabe ist nicht erlaubt. Möglichst kurze, stressfreie Wege zum Schlachter sind Pflicht. Naturland, Bioland und Demeter schließen das in konventionellen Ställen verbreitete Schnabelkürzen bei Hühnern aus. Das Enthornen von Rindern ist bei Demeter verboten, Kupieren von Schweine-Ohren und -Schwänzen bei allen Öko-Verbänden. Bei Naturland, Bioland, Biokreis und Gäa gibt es eine verbandsübergreifende, jährliche Tierwohlkontrolle, der sich alle tierhaltenden Betriebe dieser Verbände unterziehen müssen – zusätzlich zur normalen Öko-Kontrolle. Demeter hat diese Kontrolle nicht. Für einen stressfreien Weg zum Schlachter und eine gute Schlachtung hat Naturland als einziger Verband ausführliche Richtlinien, nach denen auch die Schlachthöfe kontrolliert werden.
Neuland:
Neuland ist ein Verein, zu dessen Trägern der Deutsche Tierschutzbund und der Bund für Umwelt und Naturschutz gehören. Träger des Siegels garantieren, dass die Tiere Auslauf und Weidegang haben, Ställe mit Stroh ausgelegt sind und ausreichend Platz bieten. Das Futter muss nicht bio sein, aber regional. Die Tiere bekommen keine vorbeugenden Medikamente und Ferkel dürfen nur unter Betäubung kastriert werden. Hier gilt: maximal 200 Kilometer bis zum Schlachthof.
Initiative Tierwohl:
Dahinter stehen Verbände der konventionellen Landwirtschaft, der Fleischwirtschaft und des Lebensmittelhandels. Deutsche Supermarktketten und Discounter führen pro verkauftem Kilogramm Fleisch und Wurst wenige Cent an einen Fonds ab, aus dem Landwirte Geld beantragen können, um ihre Tierhaltung zu verbessern. Die Grundanforderungen an die Betriebe liegen nur wenig über den gesetzlichen Mindestanforderungen: Tiere nehmen beispielsweise an einem Antibiotika-Monitoring teil, bekommen in ihren Ställen ein Mindestmaß an Tageslicht und mindestens zehn Prozent mehr Platz.
Für mehr Tierschutz:
Das Label des Deutschen Tierschutzbundes lobt zweistufig die Tierhaltung konventioneller Betriebe aus, die über den gesetzlichen Anforderungen liegen. Die Einstiegsstufe – mit einem Stern – zeigt u.a. an, dass Hühner und Schweine mehr Platz als vorgegeben und Beschäftigungsmöglichkeiten haben und Milchkühe nicht angebunden werden dürfen. Bei Schweinen ist das Kastrieren ohne Betäubung verboten. Bei den Kälbern erfolgt das Veröden der Hornanlagen mit Sedation, Schmerzmittelgabe und einer Lokalanästhesie. Erst bei der Premiumstufe mit zwei Sternen kommt Auslauf hinzu.
Bio Swiss (Schweiz):
Das Logo mit der Knospe ist das Pendant zum Bio-Label der EU. Auch hier werden die Tiere viel artgerechter gehalten und gefüttert als bei konventionellen Bauern. Unter anderem haben die Tiere eine vielfältigere Umgebung mit regelmässigem Auslauf ins Freie und in den Ställen mehr Platz. Zu allen Jahreszeiten haben die Tiere Auslauf oder sind auf der Weide. An Bio-Tieren werden ausserdem weitaus weniger schmerzhafte Eingriffe vorgenommen, wie z.B. kein Kürzen des Schnabels beim Geflügel, und Masttieren wird mehr Zeit zum Wachsen gelassen.
KAG Freiland (Schweiz):
Von der KAG Freiland zertifizierte Betriebe leisten mehr als es die Bio Suisse-Richtlinien erfordern. So ist die Gruppenhaltung von Tieren hier obligatorisch und die Platzvorgaben übertreffen die von Bio Suisse. Die Tiere erhalten zudem täglich Auslauf, der im Sommer auf die Weide führt. Damit ist das KAG Freiland-Label zumindest bei Fleisch und Eiern das strengste in der Schweiz.
Bio-Austria (Österreich):
Das Bio-Austria-Siegel hat hinsichtlich der Tierhaltung strengere Anforderungen als das EU-Bio-Siegel. Zum Beispiel werden bestimmte Hochleistungsrassen ausgeschlossen und es gelten strengere Richtlinien für eine artgerechte Haltung.