Wie erkenne ich Greenwashing?
Ob es sich um ein tatsächlich nachhaltiges Produkt handelt oder Unternehmen bloß den Schein erwecken wollen, ist meistens auf den ersten Blick schwer zu erkennen. Zum Glück gibt es einige Anhaltspunkte, die Greenwashing-Mogeleien aufdecken können und uns so beim Einkaufen helfen.
25.08.2021
Oft ärgern wir uns, wenn uns im Nachhinein auffällt, dass ein Produkt doch nicht so nachhaltig und sanft zur Umwelt ist, wie es uns beim Kauf hat glauben lassen. Das ist leider keine Seltenheit, denn Unternehmen haben längst herausgefunden, wie sie uns mittels Greenwashing geschickt manipulieren können.
Was genau unter Greenwashing zu verstehen ist, können Sie in unserem Beitrag Greenwashing – Was ist das? » nachlesen.
In diesem Beitrag erfahren Sie:
- wie Sie Greenwashing mittels der sieben Sünden des Greenwashing erkennen können
- welche Apps und Websites Sie beim Einkauf unterstützen können
Die sieben Sünden des Greenwashing
Um sich künftig vor der Greenwashing-Falle zu schützen, sollten Sie die sieben Sünden des Greenwashing kennen. Festgelegt wurden diese 2007 vom nordamerikanischen Marktforschungsinstitut TerraChoice », welches im Rahmen einer Produktanalyse feststellte, dass bei über 98 Prozent der in einem Supermarkt angebotenen Artikel Indizien für Greenwashing zu finden waren.
1. Versteckte Kompromisse
Bei der Sünde der versteckten Kompromisse wird ein Produkt aufgrund seiner wenigen umweltfreundlichen Attribute als »grün« beworben, während die überwiegenden, umweltbelastenden Eigenschaften verschleiert werden. Ein Beispiel sind Einweg-Kaffeekapseln aus Aluminium, die als besonders recyclingfähig beworben werden. Auch wenn diese – aufgeschnitten und entleert – tatsächlich über die Gelbe Tonne entsprechenden Programmen zugeführt werden können, lenkt das den Fokus vom eigentlichen Problem weg. Aluminium wird größtenteils aus Bauxit gewonnen, bei dessen Abbau hoch toxischer Rotschlamm entsteht, der auf Deponien verbleibt und das lokale Grundwasser vergiftet.
2. Fehlender Nachweis
Wenn Aussagen über die Umweltfreundlichkeit eines Produkts nicht über eine vertrauenswürdige Informationsquelle oder dritte Partei nachgewiesen werden können, spricht man von der Sünde des fehlenden Nachweises. Wird mit der Aussage »100 % ökologisch« geworben, jedoch keine Prüf-Institutionen wie beispielsweise Naturland » oder Demeter » genannt, dann ist die Aussage letztendlich haltlos und sagt nichts über die tatsächlichen ökologischen Vorteile des Produkts aus. Achten Sie also auf etablierte Siegel oder hinweise auf den Produkten, die auf unabhängige Studien verweisen – heute auch oft als QR-Code hinterlegt.
3. Unschärfe
Die Sünde der Unschärfe beschreibt die Nutzung von Schlagwörtern und Aussagen, die breit gefächert sind und von uns automatisch ins Positive interpretiert werden. Der Begriff »natürlich« beispielsweise wird automatisch mit positiven Bildern von Ursprünglichkeit und Gesundheit assoziiert, obwohl auch Erdöl eine natürliche Ressource ist. Eine Plastikflasche würde trotzdem niemand als »natürliches Produkt« bezeichnen. Weitere häufig genutzte Begriffe sind unter anderem »umweltschonend« und »nachhaltig«.
4. Irrelevanz
Aussagen, die das Produkt scheinbar aufwerten, jedoch eigentlich auf selbstverständlichen Tatsachen beruhen, fallen in die Kategorie Sünde der Irrelevanz. Wird beispielsweise ein Kosmetikprodukt als »tierversuchsfrei « beworben, kommen wir schnell zu der Annahme, alle anderen Kosmetika, die keine Kennzeichnung aufweisen, wären an Tieren getestet worden. Dabei ist die Testung neuer Produkte an Tieren EU-weit seit 2009 verboten. Besonders fällt die Sünde der Irrelevanz auch im Bereich der veganen Ernährung auf, wenn offensichtlich pflanzliche Lebensmittel, beispielsweise eine Packung Haferflocken, mit einem Vegan-Hinweis beworben werden.
5. Geringeres Übel
Besonders in Branchen, deren Tätigkeit und Interessen sich generell nicht mit Umweltschutz und Nachhaltigkeit vereinbaren lassen, ist die Sünde des geringeren Übels häufig zu finden. Ein klassisches Beispiel ist das »benzinsparende« Auto. Durch das Vermitteln einer Einsparung wirkt ein solches Fahrzeug auf uns attraktiver, obwohl auch hier gewöhnlicher Kraftstoff auf Erdölbasis getankt wird und dementsprechend beim Fahren umweltschädliche Abgase entstehen.
6. Lüge
Die Sünde der Lüge beschreibt Aussagen, die schlichtweg falsch sind und uns gezielt in die Irre führen sollen. Anders als vielfach angenommen, taucht die Sünde der Lüge allerdings vergleichsweise selten auf. Der Grund: Falschaussagen sind meist einfach zu widerlegen, der Ruf der betreffenden Firma ist dadurch langfristig geschädigt. Außerdem können hier Strafzahlungen anfallen. Unternehmen tricksen daher lieber mit Beschönigungen und Umschreibungen.
7. Falsche Labels
Die Sünde der falschen Labels beschreibt den Einsatz von Siegeln und Zertifikaten, die bei uns den Eindruck hervorrufen, Werbeaussagen wären durch Dritte geprüft worden, obwohl dem tatsächlich nicht so ist. Optisch orientieren sich Firmen bewusst an echten Zertifizierungen, um uns die Unterscheidung zu erschweren. Unten sehen Sie ein Beispiel dafür. Hätten Sie das falsche Siegel sofort erkannt?
Hilfreiche Apps und Websites
Beim Erkennen von Greenwashing können uns auch Apps und Websites helfen. Die besten vier haben wir hier für Sie aufgelistet.
NABU-App und -Website
Die vom Naturschutzbund Deutschland e. V. entwickelte App »NABU Siegel-Check« (Google Play, iOS, Windows) überprüft die tatsächlichen Umweltvorteile von Siegeln. Mit der Handykamera kann ein Bild des zu prüfenden Siegels geknipst werden, welches anschließend mit der Datenbank abgeglichen wird. Anschließend geben die Ampelfarben an, ob es sich um ein vertrauenswürdiges Zertifikat handelt. Über die einzelnen Siegel können Sie sich auch auf siegelcheck.nabu.de » informieren.
Siegelklarheit-Website
Ebenfalls um die Sicherheit von Siegeln geht es auf der Website siegelklarheit.de ». Dort erfahren Sie, wie gut bestehende Siegel innerhalb einer bestimmten Kategorie, beispielsweise Textilien, Lebensmittel und Wasch- und Reinigungsmittel, abschneiden.
Codecheck-App und –Website
Die »Codecheck«-App » (iOS, Google Play) und -Website codecheck.info » drehen sich besonders um die Inhaltsstoffe in Kosmetika, Haushaltsprodukten und Lebensmitteln sowie deren Gefahrenpotential für Mensch und Umwelt. In der App-Version können Sie den Barcode eines Produkts einfach scannen und Sie erfahren in Sekundenschnelle, wie bedenklich die einzelnen Inhaltsstoffe sind. Haben Sie bestimmte Allergien oder Ernährungsweisen angegeben, orientiert Codecheck sich in seinen Bewertungen auch daran. In der Web-Version können Sie die Datenbank nach bestimmten Produkten und Kategorien durchsuchen.
Yuka-App
Mit der »Yuka«-App » (Android, iOS) können Sie ebenfalls Barcodes von Lebensmitteln und Drogerieprodukten scannen. Anschließend erhalten Sie Informationen über die positiven und die negativen Eigenschaften des Produkts sowie eine Einstufung auf einer Skala von 1 bis 100. Das Besondere an dieser App: Yuka schlägt Ihnen automatisch Alternativprodukte aus demselben Bereich vor, die eine besserer Einstufung erhalten haben.
Es ist gar nicht so einfach, bei den vielen Tricks der Unternehmen den Durchblick zu behalten. Wir hoffen, dass unser Artikel Ihnen Klarheit gebracht hat und Sie künftig bei der Suche nach wirklich nachhaltigen und umweltfreundlichen Produkten unterstützt.
Text: Veronika Kistler
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