Die BIO-Challenge 2023

Schaffen wir es, 30 Tage Plastik zu vermeiden?

Die BIO-Challenge ist in die vierte Runde gegangen. Diesmal haben Christine Fischer und Anni Reeh vom BIO-Team einen Monat lang ihren Plastikkonsum versucht zu verringern. Ob das geklappt hat, lesen Sie hier.

16.08.2023

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30 Tage auf Plastik verzichten

»Life in plastic, it’s fantastic!«, sangen Aqua in ihrem Hit »Barbie Girl« 1997. So fantastisch ist ein Leben in Plastik aber nicht. Etwa zehn Millionen Tonnen Plastik landen jedes Jahr im Meer und haben dort katastrophale Folgen für das Ökosystem. Allein durch Verpackungen hat sich die Menge an Kunststoffabfällen in den vergangenen 20 Jahren in Deutschland mehr als verdoppelt. Um unseren eigenen Verbrauch einmal kritisch zu betrachten, haben wir – Christine Fischer und Anni Reeh vom BIO-Team – für unsere vierte Challenge versucht, Plastik zu vermeiden.

»Das System macht es uns schwer, Plastik zu umgehen«

Porträt von Anni Reeh38 Kilogramm: So viel Verpackungsabfall aus Kunststoff fiel laut dem Naturschutzbund 2021 pro Kopf in Deutschland an. Umgerechnet auf einen Monat mit 31 Tagen entspricht das etwa 3,2 Kilogramm. Ich komme in diesem Juli auf 90 Gramm neu gekauften Plastikmüll. Das klingt erstmal gut, fast möchte ich mir dafür auf die Schulter klopfen. Denn um auf diese Zahl zu kommen, habe ich auf ziemlich viele Dinge verzichtet, zum Beispiel auf Tofu, die meisten veganen Ersatzprodukte und Zahncreme. Keine Sorge, die Zähne habe ich mir trotzdem geputzt, allerdings mit Dentaltabs, also Zahnpasta in fester Form. Das funktioniert, fühlt sich aber leider nie so sauber wie eine schön schäumende Zahncreme aus der Tube an. Und während ich dies schreibe, komme ich nicht umhin zu denken: First World Problems – Luxusprobleme, die keine Probleme sind, weil ich auf nichts Lebensnotwendiges diesen Monat verzichten musste.

Plastikmüll nach einem MonatDass ich mir das Schulterklopfen versage, hat noch einen anderen Grund: Ich habe zwar diesen Monat nur 90 Gramm Kunststoffabfall neu gekauft, entsorgt habe ich aber wesentlich mehr. Denn, so meine Erkenntnis, mein Haushalt ist voll von Plastik, vor allem in der Küche und im Bad. Bisher hätte ich behauptet, dass ich sehr wenig in Plastik Verpacktes kaufe. Das muss ich nun leider revidieren: Pasta, Joghurt, Kaffee, Nüsse, all dies findet man in meiner Küche meist in Plastik verpackt. Und so wanderten diesen Monat regelmäßig geleerte Plastikverpackungen in den Müll – trotz Challenge.

Ich erzähle Ihnen sicherlich nichts Neues, wenn ich sage, dass es uns das System ganz schön schwer macht, Plastik zu umgehen. Kaufe ich eine Bio-Zitrone im Supermarkt, trägt diese oft einen kleinen Bio-Sticker aus Kunststoff. Auch meine Lieblingssorte Tahina, eine Sesampaste aus der arabischen Küche, kommt leider in Plastik verpackt daher. Als sich diese im Juli leerte, entschied ich mich stattdessen für eine andere Sorte im Glas. Leider hatte ich beim Kauf nicht bemerkt, dass Glas und Deckel mit etwas Kunststoff versiegelt waren und ich so doch auf mein Plastikkonto einzahlen musste. Der Einfachheit halber ging ich im Juli fast nur noch im Bio-Markt einkaufen, denn da bekam ich zumindest Obst und Gemüse mehrheitlich unverpackt und viele andere Lebensmittel wie Bohnen oder auch Hafermilch im Glas. Dass das aber nicht für alle machbar ist, sowohl finanziell als auch logistisch, versteht sich von selbst.

In der vorletzten Woche unserer Challenge schaffte ich es endlich, in einen der Unverpacktläden in München zu gehen. Hier gab es wirklich alles, von trockenen Lebensmitteln über Kosmetikprodukte hin zu Reinigungsmitteln, sogar ein Zapfgerät, um sich selbst Tahina abzufüllen. Ein Traum! Hier möchte ich in Zukunft öfter einkaufen gehen. Nicht nur, um auch nach der Challenge meinen Plastikabfall klein zu halten, sondern um solche Konzepte zu unterstützen.

– Anni

»Manchmal braucht es nur einen kleinen Schubs«

Porträt von Christine FischerWir alle wissen: Plastik schadet der Umwelt und unserer Gesundheit. Und wenn uns jemand fragen würde »Möchtest du gerne plastikfrei leben?«, würde wohl fast jede*r mit einem überzeugten »Ja!« antworten. In den letzten 30 Tagen hat sich mein Bewusstsein dafür nochmals geschärft, in wie vielen Bereichen sich Kunststoff in unser Leben eingeschlichen hat. Ich wusste zum Beispiel nicht, dass sogar in den allermeisten Kaugummis Plastik enthalten ist.

Einmal in der Woche gehe ich gerne im Bioladen oder auf dem Markt einkaufen. Hier besorge ich vor allem Obst und Gemüse – dafür habe ich wie mittlerweile viele Menschen immer einen Stoffbeutel dabei. Alle anderen Lebensmittel, die ich gerne esse, wie zum Beispiel Müsli oder Sojajoghurt, besorge ich im Supermarkt. Hier wird der Plastikverzicht schon deutlich schwieriger. Die Tatsache, dass ich mich im Alltag meist vegan ernähre und auf Bio-Qualität achte, macht es nicht gerade leichter. Ich habe mich in den letzten Jahren durch das entsprechende pflanzenbasierte Sortiment probiert und Lieblingsprodukte gefunden, die in meiner Küche nicht fehlen dürfen – leider sind diese mitunter in Plastik verpackt. Für die Challenge schaute ich mich nach plastikfreien Alternativen um, wurde aber zum Beispiel beim veganen Käse oder beim Tofu schlichtweg nicht fündig. Ich muss ganz ehrlich sagen: Das waren die Momente, in denen ich schwach wurde und trotzdem zugriff.

In einigen Bereichen fiel es mir aber auch deutlich leichter, Plastik zu verbannen, als ich ursprünglich dachte. In meinem Supermarkt gibt es eine große Unverpackt-Station, in der Produkte wie Reis, Nüsse oder Linsen abgezapft werden können. Vor der BIO-Challenge war ich dort nur selten vorzufinden, weil ich immer wieder vergessen habe, Gläser und Dosen mitzubringen, oder einfach zu bequem war, zehn Minuten mehr für den Einkauf einzuplanen. Am Anfang der Challenge musste ich mich noch dazu zwingen, die Unverpackt-Station regelmäßig zu nutzen. Mittlerweile habe ich mich daran gewöhnt und sogar Spaß daran gefunden, weil ich einfach mit einem besseren Gefühl einkaufe. Wie es das Schicksal so wollte, brauchte ich während der Challenge übrigens auch neues Putzmittel. Statt ein neues Produkt zu kaufen, habe ich ein halbes Stück Kernseife für zwei Stunden in einen Liter heißes Wasser eingelegt und die Lauge dann in eine alte Sprühflasche gefüllt. Ich bin überrascht, wie gut die Oberflächen damit sauber werden. Dadurch spare ich in Zukunft nicht nur Plastik, sondern auch Geld.

Mein Fazit: Manchmal braucht es nur einen kleinen Schubs und mehr Motivation, um Plastik im Alltag erfolgreich zu vermeiden. Trotzdem sollte es Verbraucher*innen insgesamt leichter gemacht werden. Dafür wünsche ich mir, dass vor allem die Unternehmen in die Pflicht genommen werden, weniger Kunststoff einzusetzen.

– Christine

So lief die BIO-Challenge bei Ihnen

Nicht nur wir haben versucht, unseren Plastikkonsum zu reduzieren. Auch Sie, liebe Leserinnen und Leser, haben die BIO-Challenge angenommen und Ihre Erfahrungen mit uns geteilt. Vielen herzlichen Dank für Ihre Zuschriften! Mehr Zuschriften lesen Sie in BIO 5/23.

»Mir fehlt als Mutter oft die Zeit«

Das Thema Ihrer Challenge finde ich extrem wichtig. Ich bin Mutter von drei Kindern und möchte gar nicht wissen, wie viel Kunststoffabfall auf mein Konto geht. Ich habe mal gelesen, dass eine Wegwerfwindel 500 Jahre braucht, um sich zu zersetzen! Mir fehlt als Mutter oft schlichtweg die Zeit, bessere Kaufentscheidungen zu treffen. Die Tipps von biomagazin.de haben mich aber trotzdem motiviert und inspiriert.

– Susanne F. per E-Mail

»Es ist nie zu spät, etwas zu ändern«

Zu Beginn lief das Plastikvermeiden bei mir richtig gut. Ein Wochenende musste ich allerdings pausieren. Meine Skat-Runde macht jedes Jahr eine Ausfahrt. Nachhaltigkeit spielt in dieser Runde (leider) keine große Rolle. Ich hatte keine Lust auf lange Diskussionen und wollte keine Spaßbremse sein, deswegen habe ich meinen Vorsatz gar nicht thematisiert und beim gemeinsamen Einkauf die Wurst in der Plastikverpackung unkommentiert gelassen. Danach fiel es mir aber gar nicht schwer, meine guten, neuen Gewohnheiten wieder aufzunehmen. Das hat mich selbst überrascht und mir gezeigt, dass es nie zu spät ist, etwas zu ändern.

– Peter R. per E-Mail


Wenn auch Sie jetzt motiviert sind, Ihren Plastikkonsum zu reduzieren, haben wir Tipps gesammelt », die Ihnen helfen können.

Text: Christine Fischer & Anni Reeh

Die BIO-Challenge 2023 – Sind Sie mit dabei?

Wir freuen uns, wenn Sie bei der BIO-Challenge 2023 dabei sind, und uns erzählen, wie es Ihnen ergeht. Vielleicht haben Sie Tipps, die Ihnen bei einer der Challenges geholfen haben, oder möchten uns eine Herausforderung vorschlagen? Schreiben Sie uns gerne eine E-Mail an biomagazin@biomagazin.de ».

Alle Beiträge zur BIO-Challenge finden Sie hier ».

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